Die Altonaer Vier – Widerstandskämpfer der ersten Stunde.
Alle vier wurden Opfer der Blutsonntagsprozesse. Schauprozesse des Jahres 1933, in welchem der faschistische Apparat ihre Feinde aufgrund fadenscheiniger „Beweise“ zum Tod verurteilte. Sie waren die ersten, viele weitere sollten folgen.
Karl Wolff,
wurde nur 21 Jahre und 318 Tage alt. Karl, Sohn eines Schmieds und eines Dienstmädchens, wohnte in Hamm. Er war Schuhmacher und wurde am 17. Juli in einem Hinterhof in Altona festgenommen.
„Wenn es eine Gerechtigkeit gebe, dann würden wir nicht hingerichtet werden. (…) Das Schicksal will es leider anders“ – Karl Wolff in einem Brief an die Mutter seines Freundes.
August Lütgens,
wurde nur 35 Jahre und 228 Tage Alt. August, ältester von zwölf Kindern wurde in Lübeck in eine sozialdemokratische Arbeiterfamilie geboren. Der Vater war Metallarbeiter, die Mutter Wäscherin. Nach der Schulzeit heuerte er als Schiffsjunge auf einem Segler an und wurde Seemann. Mit 16 Jahren trat er der Seeleutegewerkschaft und später der Sozialdemokratischen Partei bei.
Er beteilligte sich als Matrose am ersten Weltkrieg, doch ihm wurden die imperialistischen Ambitionen des deutschen Kaiserreichs mehr und mehr bewusst. Er wurde zum Kriegsgegner. 1918 – Im Jahr der Hoffnung – Meuterte er in Kiel und startete so mit seinen Genossinnen die Novemberrevolution. Später flüchtete er ins Exil in die Sowjetunion und konnte erst 1931 zurück nach Deutschland kommen, wo er Leiter des Roten Frontkämpferbundes Altona wurde.
„Liebe Kinder, wenn ihr diesen Brief erhaltet, ist euer Papa nicht mehr, dann wurde er erledigt, laut Urteil, also wir sollten uns nicht mehr sehen, aber wenn ihr größer seid und die Weltgeschichte studiert habt, dann werdet ihr begreifen, was euer Papa war, warum er kämpfte und starb, auch werdet ihr begreifen, warum euer Papa so und nicht anders handeln konnte, nun lebt wohl und werdet Kämpfer. Es grüßt euch euer Papa.“ – schrieb August Lütgens in seinem letzten Brief an seine Kinder.
Zu Augusts Geschichte gehört leider auch, dass die Familie Lütgens nach seinem Tode ein weiteres Mal in die Sowjetunion emigrierte, wo seine Frau Lisa und ihr Sohn, wie viele deutsche kommunistische Emigranten von der stalinistischen Regierung in Lager nach Kasachstan verschleppt wurden, wo beide umkamen.
Walter Möller,
wurde nur 28 Jahre und 185 Tage alt. Walter kam auch aus einer Arbeiterfamilie und wohnte im Hamburg Eppendorf. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Packer, Beifahrer und Gelegenheitsarbeiter. Ab 1931 war er arbeitslos. Er war Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands Deutschland und der Eppendorfer „Antifaschistischen Aktion“.
Bruno Guido Camillo Tesch,
wurde nur 20 Jahre und 101 Tage Alt. Bruno wurde in Kiel geboren, ist aber bald nach Altona in die Schauenburger Straße (heute Schomburgstraße) Umgezogen. Er war Klempnerlehrling und schon früh in der „Sozialistischen Arbeiterjugend“ aktiv. Nachdem die SPD aber in der Weimarer Republik für die voranschreitende Wiederbewaffnung und den Bau von Kriegsschiffen stimmte, kehrte der junge Bruno der den Sozialdemokraten nahestehenden SAJ den Rücken und trat 1931 in den „Kommunistischen Jugendverband Deutschland“ ein. Dort beteiligte er sich an Lehrlingsstreiks und sammelte für die Küchen der internationalen Arbeiterhilfe.
Am 17. Juli 1932 war Bruno bei den Protesten gegen den Naziaufmarsch durch Altona dabei und verhalf anschließend eine Mutter mit zwei ihrer Kinder bei der Flucht vor dem Kugelhagel der Polizei, in dem er sich mit ihnen in einen Hauseingang rettete.
„Liebe Mutter! Nun ist es endlich soweit. Die Begnadigung ist abgelehnt. Wenn du diesen Brief bekommst, dann lebe ich nicht mehr. Liebe Mutti, dass ich dir so einen Kummer bereiten musste, das schmerzt mich tief. Du glaubst es gar nicht. Ich bitte dich herzlich, nehme es nicht so schwer, tue es (nicht) mir zuliebe. Siehe, ich nehme es auch nicht so schwer. (…) Liebste Mutti, ich bitte dich, überwinde dies um meinetwegen. Du mußt leben bleiben um meine Unschuld ans Tageslicht zu bringen. Das ist mein letztes Vermächtnis an dich, du mußt es an den Tag bringen, was für ein grässlicher Justizmord hier verübt wurde. […] Es ist vielleicht besser, als wenn ich Jahre im Zuchthaus gesessen hätte. Mein Leben wäre dann doch verpfuscht.
Du hast vielleicht manchmal gedacht, dass ich dich nicht liebe, aber ich konnte meine Liebe nicht zeigen. Es lag mir nie. Aber ich habe dich sehr geliebt. Verzeih mir bitte, wenn ich manchmal recht lieblos zu dir war, aber es war Nervosität. […]
Also ich bitte dich herzlich, sei tapfer, ich weiß du wirst es durchdringen, denn du hast ja etwas, wofür du kämpfen musst. (…) Es küsst dich liebe Mutti zum letzten mal dein dich innig liebender Sohn Bruno. (…)„